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Frisst deine Waschmaschine auch Socken? Über die Dankbarkeit...



Diese Woche hat es meine Waschmaschine geschafft, ein tiefes Gefühl von Dankbarkeit in mir zu erzeugen: Als ich so die Kleidungsstücke in die Trommel geworfen habe, habe ich mich an die Trekkingwochen in Tibet erinnert. Dort war Handwäsche angesagt, vorausgesetzt natürlich es war ein Fluss in der Nähe. Wenn es einen Fluss gab, hieß es oft erst einmal einen zugänglichen Platz finden – das waren oft waghalsige Manöver hinunter zum Flussbett... Und dann war das Wasser natürlich saukalt, oft gingen nur ein, zwei Kleidungsstücke, dann waren die Hände eingefroren. Ein einziges Mal waren wir an heißen Quellen, das war fast wie eine OutdoorWaschmaschine 😀 faule-Eier-Geruch inklusive.... Und ich dachte mir, mei – wie einfach es einem doch eine Waschmaschine macht und wie viel Zeit man sich damit spart! Und ich war so richtig, richtig tief in mir dankbar für diese geniale Erfindung Waschmaschine: Tür auf, Wäsche rein, Knopf drücken, warten, fertig.

Keine kalten Hände, sauberes Wasser, kein Zeitaufwand. Wie schön! Wir haben hier im Westen alle so viele Dinge, die das Leben einfacher machen, Zeit und Kraft sparen. Aber das Paradoxe daran ist: Trotz all dieser Erfindungen haben wir weniger Zeit als vorher. Und sind unzufriedener. War man früher froh, das Brennholz ins Haus gebracht, das Essen gekocht, ein paar Handarbeiten erledigt und vielleicht die Wäsche gewaschen zu haben, packen wir heute immer mehr Dinge in unseren Alltag und versuchen immer mehr in weniger Zeit zu erledigen. Dabei ist es noch gar nicht solange her, dass wir diesem natürlichen Rhythmus von Arbeit und Ausruhen gefolgt sind, nämlich zu jener Zeit, als es noch kein elektrisches Licht gab: war es tagsüber hell, wurde gearbeitet, wenn es dunkel wurde, wurde geruht. Im Sommer wurde schwerer gearbeitet, im Winter leichtere Tätigkeiten verrichtet.

Heutzutage können wir 24 Stunden, an fast jedem Ort und zu jeder Zeit arbeiten. Wir haben Dinge erfunden, die das Leben einfacher und schneller machen und trotzdem haben wir weniger Zeit. Da läuft doch was verkehrt…? Ich habe mich dieses Mal beim Wäsche waschen auf jeden Fall so dermaßen über meine Waschmaschine gefreut, dass ich den ganzen Tag mit echter Freude und Dankbarkeit herumgelaufen bin. Und ich glaube, es täte uns allen gut, uns dieser Dinge, die für uns so selbstverständlich geworden sind, wieder bewusster zu werden und sie zu schätzen. Was hat dir das Leben heute erleichtert, das du gar nicht so bewusst wahrgenommen hast? Und fehlt dir eigentlich auch immer der zweite Socken? Das war in Tibet nie der Fall und deswegen bin ich nun überzeugt davon, dass Waschmaschinen eben doch Socken fressen...

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