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Mount Kailash - eine Reise zum Wesentlichen (Trekking & Meditation)



Mein Geburtstag ist im Februar und zu meinem Runden habe ich mir selbst ein ganz besonderes Geschenk gemacht: eine vierwöchige Trekking & Meditationsreise in Nepal/Tibet. Höhepunkt der Reise war die Kora (Umrundung) des heiligen Bergs Kailash, die bis auf 5660 Meter hinaufführen sollte. Schon lange liebäugelte ich mit dieser Reise, aber entweder das Geld oder aber die Zeit fehlte.

Jetzt war sie also gebucht, diese Erfahrung.

Das ganze Jahr über war die Reise präsent, denn so manch ein Ausrüstungsgegenstand wollte noch gekauft werden: Regenhose hier, Schlafsack da, Medikamente für die Höhe, usw.

Dann nahte er schlagartig, der Abreisetermin und ich stand vor der Herausforderung, all die über das Jahr gesammelten Sachen in EINE Reisetasche zu packen - auweia.... Beim Hüttenwandern bin ich´s ja schon gewohnt nur das Wesentliche mitzunehmen, aber das war dann doch noch einmal eine Herausforderung.


Die Anreise erfolgte über den Oman, also mit Umsteigen, und war doch recht zäh und langatmig. In Nepal angekommen erwartete uns schwülheiße Luft, die uns fast den Atem nahm. Der Monsun war noch präsent. Eine Nacht im Hotel, Kennenlernen der anderen 14 Teilnehmer, dann ging es los: erst einmal 11 Tage Trekking bis zur tibetischen Grenze.


Vorher stand aber noch ein Inlandsflug zum Abmarschort an, der wirklich ein Erlebnis war:

es war ein Sichtflug mit einer kleinen Propellermaschine, d.h. wir mussten zwischen all den dicken Gewitterwolken mit Starkregen auf ein Sonnenfenster warten. 10 Stunden verbrachte der eine Teil der Gruppe am „Flughafen“ (eine Baracke in der es gefühlt 45 Grad hatte), der andere Teil musste nur 5 Stunden warten, bis es zwischen zwei starken Gewittern losging. Dicht vorbei an steilen Bergen, über Gewitterwolken hinweg. Kerosingeruch im ganzen Flieger und eine ziemlich wackelige Angelegenheit.

Aber - wir sind angekommen - und schwupps, waren wir auf 3.000 Meter Höhe.

Es regnete in Strömen und war matschig ohne Ende - ich liebe dieses Geräusch beim Laufen :-) Aber alle Sachen war klamm und natürlich trocknen die nicht im Zelt, wenn es munter weiter regnet. So ging das 2 Tage lang, dann kam endlich wieder die Sonne heraus und wärmte unsere Körper und trocknete unsere Kleidung. Dankbar waren wir alle für dieses einfache Geschenk.

Die Trekkingtage verliefen eigentlich immer gleich, wir wurden durch unsere lieben Nepalis mit einem heißen Tee am Zelt und einem freundlichen „gooooood mooooorning“ geweckt, dann 45 Minuten Zeit zum Packen, Frühstück und Abmarsch. Die tägliche Gehzeit waren immer zwischen 6-8 Stunden, mal steil, mal flach - es war alles dabei. Jeden Tag stiegen wir höher und ab 3600 Meter gab es einmal einen Tag, an dem mir beim Aufstieg schlecht wurde, die Höhe machte sich bemerkbar.

Das war am nächsten Tag vorbei, allerdings machte dann ein Magen-Darm-Virus die Runde und erwischte vier von uns, inklusive mich. Deswegen wurden an zwei Tagen die Esel anders „beladen“, so dass drei von uns Magenkranken auch einmal reiten konnten, denn teilweise ging gar nichts mehr. Aber auch das war Gott sei Dank recht schnell vorbei und wir stiegen weiter bis auf den ersten 5000er Pass.

Eiseskälte, sengende Hitze, Staub, und noch viel mehr begleiteten uns die nächsten Tage, bis wir nach 11 Tagen den Grenzort Hilsa (Tibet) erreichten. Ein pompöses chinesisches Grenzgebäude erwartete uns in the middle of nowhere, wo wir alle gründlichst gefilzt wurden, damit wir auch ja keine Dalai Lama Bilder importieren nach Tibet. Abschied von unserer herzlichen Nepalicrew und den tapferen Eseln, Weiterfahrt mit einem Bus, der von einem wirklich witzigen Chinesen gesteuert wurde.

Wir verbrachten eine Nacht in einem Guesthouse mit richtigem Bett und Dusche, welch ein Geschenk! Duschen, sich waschen, den Staub loswerden – wir fühlten uns alle wie neugeboren.

Gutes kann so einfach sein :-)

In Tibet war diese endlose Weite der Natur und die unglaublichen Farben sehr beeindruckend. Mit Worten nicht zu beschreiben, jeder Buchstabe würde begrenzen. So etwas Endloses und Schönes habe ich noch nicht gesehen.

Wir besichtigten das alte Königreich Guge, was mich persönlich am meisten beeindruckt hat. Man spürte dieses immense geistliche Zentrum das hier einst war, ganz deutlich. Gänsehaut rauf und runter. Alle anderen Stupas, die wir besichtigten, wirkten eher wie leere Hüllen, da sie nach der Kulturrevolution allesamt wiederaufgebaut waren und keine Seele mehr hatten.

Nach ein paar weiteren Akklimatisationstouren startete dann die 4-tägige Kora, die Umrundung des heiligen Bergs Kailash.

Unser Gepäck wurde auf Yaks geladen. Schnell stellte sich heraus, dass es eine Herde war, die das allererste Mal ging und noch nicht so ganz gehorsam war…. Oft sind sie ausgebrochen, haben unser Gepäck abgeworfen und mussten wieder eingefangen werden. Unsere Yak-Men hatten alle Hände voll zu tun.


Die Landschaft rund um den Kailash war ebenfalls sehr beeindruckend. Schritt für Schritt sind wir aufgestiegen, der staubige glitzernd-schimmrige Sand knarzte unter unseren Füßen, später dann der Schnee. Beim Aufstieg setzte ein Schneesturm ein, der uns den Blick auf den Kailash verwehrte. Später aber riss der Himmel wieder auf und dieser heilige Berg zeigte sich uns bei unserem Camp an der Nordwand plötzlich in seiner vollen Pracht.

Magisch....

Aber auch saukalt, dort oben auf 4.800 Meter, wo wir die höchstgelegene Nacht verbrachten: jede Pinkelpause, vor allem die in der Nacht, wollte wohl überlegt sein, denn bei Rückkehr war der Schlafsack wieder kalt. Am zweiten Tag ging´s auf den Pass, hoch hinauf auf 5660 Meter. Die Luft war dünn und die Schritte konnten nur in Zeitlupe gesetzt werden. Einer nach dem anderen. Tief atmen. Einfach weitergehen. Ein eisiger Wind pfiff uns immer wieder ins Gesicht, aber der Himmel war blau und die Sicht grandios.

Am Pass angekommen ein bedächtiges Innehalten (soweit es die Kälte zuließ), sich in die Arme nehmen, Freudentränen - hier oben kann man das alte Leben hinter sich lassen und wird neu geboren, so heißt es. Dann erfolgte der Abstieg und nach zwei Stunden konnten wir uns in einem Teehaus aufwärmen und mussten dort auch auf die Yaks warten, die mal wieder ausgebrochen waren und sonstwohin unterwegs :-) Der Blick in die Gesichter der anderen Gruppenmitglieder war wie ein spannendes Buch zu lesen - Erschöpfung, stille Begeisterung, Freude, Apathie, Frieren und viel mehr war zu lesen.

Mit jedem Meter, den es weiter nach unten ging, wurde es wieder wärmer- was für eine unbeschreibliche Wohltat! Immer wieder haben wir Pilger überholt, die den Berg sich niederwerfend umrunden und ca. zwei Wochen dafür benötigen. Diese Hingabe war sehr beeindruckend anzusehen.

Nach der anstrengenden Umrundung des Kailash folgten zwei Ruhetage am heiligen Manasarova See und dann so langsam, über ein paar Umwege, die mehrtägige Heimfahrt mit dem Bus nach Kathmandu. Was war das schön, als plötzlich wieder Grün und Bäume auftauchten, als wir wieder die 4000er Marke erreichten!

Von der Mondlandschaft ins Heidi-Land – was für ein Kontrast!

Und als ich vom Inlandsflug schrieb und wie gefährlich der mir erschien, kannte ich die Busfahrten in Nepal noch nicht:

Auf vom Monsun aufgeweichten Matschpisten ging es stundenlang steil am Abgrund entlang. Die Piste war eng, sehr eng, und man glaubte als Europäer kaum, dass es möglich ist dort mit einem Bus zu fahren. Bisher kannte ich solche waghalsigen Manöver nur von YouTube Videos..

Und gerade hatten wir uns zumindest ein wenig an diese Verhältnisse gewöhnt und begriffen, dass es doch möglich ist dort zu fahren, was erblickten wir am Horizont?

Gegenverkehr! Ein riesengroßer Truck!

Unmöglich, dass das gut geht. Aber es ging tatsächlich. Haarscharf am Abgrund vorbei und selbst unsere Männer im Bus konnten das Manöver nicht mitansehen und haben sich weggesetzt vom Fensterplatz….

Aber, am Ende wird alles gut und wir sind wieder wohlbehalten in Kathmandu angekommen. Dort noch zwei Nächte im Hotel, bevor es nach erlebnisreichen vier Wochen wieder nach Hause nach Deutschland ging.

Diese Reise hat unglaublich viele neue Eindrücke beschert:

ein fremdes Land, eine fremde Kultur, ungewohnte Gerüche, anderes Essen, körperliche Anstrengung bis an die Grenzen, dünne Luft und noch viel mehr.

Ich bin tief beeindruckt von der Genügsamkeit der Nepalesen und ihrer Fähigkeit zum Annehmen der Dinge wie sie sind. Sie leben in ärmsten Verhältnissen und beklagen sich nie.

Gehen in Flip Flops über 5000er Pässe und tragen einfachste Kleidung.

Sie leben einfach - jeden Tag auf´s Neue.

Ihr „So-Sein“ hat mich zutiefst inspiriert.

Ein Land ohne fließend Wasser, Kanalisation oder 24 Stunden Strom – auch das war eine Erfahrung und macht mir bewusst, wie gut es uns doch hier in Deutschland geht. Wie reich wir sind - auch an fruchtbarem Land.

Und trotzdem beklagen wir uns so oft.

Es war eine Reise, die körperlich an Grenzen ging.

Grenzen, die ich nicht bewusst gesucht habe - es ging mir ganz bestimmt nicht um eine Reise mit Eventcharakter, sondern eher um Stille, das sich nach innen wenden. Wegen der Kälte, der Höhe und der Anstrengung waren wir aber schlichtweg mit ganz anderen, profanen Dingen beschäftigt (wie werde ich warm, satt, etc.). Der Geist wurde durch die vielen neuen Eindrücke sehr zerstreut (zumindest meiner) und dadurch von einer tiefen inneren Stille abgelenkt. Nicht umsonst ziehen sich Menschen, die große Fortschritte in der Meditation machen, an ruhige Plätze zurück und bringen ihren Körper zur Ruhe.

Relativ schnell bekam ich „Heimweh“:

Ich sehnte mich irgendwann nach meiner kleinen Welt zuhause, in der ich täglich Asanas, Meditation und Pranayama praktizieren kann, weil es genau das ist, was mich wirklich erfüllt.

Es sind nicht die hohen Gipfel, das Erreichen von Grenzen oder neues Futter für den Geist, das mich befriedigt. Nein - es sind die diese einfachen Dinge, die mir Inhalt und Zufriedenheit geben.

Und mir wurde so klar wie noch nie:

Es ist alles schon da.

Ich muss nicht nach Nepal oder Tibet oder sonst wohin reisen, um irgendetwas zu finden, sondern alles ist bereits in mir. Und doch war die Reise notwendig, um genau das zu erkennen.

Diese Erkenntnis empfinde ich als großes Geschenk und trage sie wie einen wertvollen Schatz nach Hause. Ich fühle mich seitdem total in mir ruhend, zufrieden und satt. Was für ein Geschenk!

So bin ich mit tiefer Demut und einer großen Dankbarkeit zurückgekehrt.

Aber nicht, weil mir die Reise im Außen irgendetwas gegeben hat, was mir fehlte, sondern weil sie mir durch den Abstand vom Alltag erkennen hat lassen:

Es ist alles schon da.

In mir.

Und in dir auch!

Wir werden im Außen niemals finden, was uns im Inneren fehlt.



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